Das-9-Euro-Ticket-Projekt / 3. Reise - Teil 3




Da standen wir also an diesem frühen Nachmittag auf einem übervollen Bahnsteig in Mainz am Hauptbahnhof. 
Menschen mit Gepäck, Begleiter, Familien mit Kindern, Sandspielzeug und Decken, ältere Menschen, die völlig überfordert von diesem Szenarium schienen und hilflos auf die sich im Minutentakt veränderten Anzeigetafeln über unseren Köpfen blickten. Das Sicherheitspersonal in gelben Westen waren oftmals gar nicht in der Lage die gewünschte Auskunft zu geben, da sie nicht so detailliert der deutschen Sprache mächtig waren. Die wenigen DB-Mitarbeiter und Zugbegleiter waren ebenfalls sichtlich bemüht für Ordnung zu sorgen. 

Dann rollte ein Zug am Bahnsteig ein. In der Anzeige am Zug selbst war "Köln Hbf" zu lesen. 
"OK, die Richtung stimmt, den nehmen wir ... wenn wir Platz finden."
"Platz gibt es, wenn die Leute ein bisschen in den Zug gehen und nicht alle hier direkt an der Tür stehen bleiben würden." schimpfte ein Zugbegleiter und forderte sehr energisch in den Wagon hinein mit lauter Stimme: "Bitte rücken sie endlich in die Abteile auf. Da ist noch genügend Platz!" 

Wir stiegen, begreiflicher Weise, sehr zögernd ein, betraten das Abteil und wurden von einer freundlichen Dame aufgefordert, doch ihren Sitzplatz einzunehmen. Dann schlossen sich die Türen.
Einige Minuten später kam die Durchsage, dass wir auf einen durchfahrenden Zug noch warten müssten, danach hatte ein ICE Vorrang, der endlich auch eingetroffen war. Einige Mitreisende sprangen auf, stürzten zur Tür hinaus und rannten zum ICE auf dem gegenüberliegenden Gleis. Mit 20 Minuten Verspätung und einigen weiteren vorrangigen Zügen durften wir dann endlich auch aus dem Bahnhof rollen.

Raus ging es in die Rheinpfalz. Station für Station leerte sich der Zug zusehends bis nach Bingen. Ruhe kehrte ein, Entspannung machte sich breit. Man unterhielt sich mit den Mitreisenden und als die Loreley in Sicht kam war für regen Gesprächsstoff gesorgt.

  

Als wir Koblenz Hbf erreichten, beschlossen wir hier auszusteigen, einen Kaffee zu trinken und etwas gegen unsere knurrenden Mägen zu tun.
Rund um das neue "Löhrrondell" mit seinen Platanen fanden wir genau das, was wir suchten und überlegten, anschließend einen Spaziergang runter zur Mosel zu machen. 
Wir hatten ja alle Zeit der Welt.


War schon komisch, wenn man plötzlich auf seiner alten "(Fahrrad-) Rennstrecke" stand, die jetzt zur Straße ausgebaut ist und Peter-Altmeier-Ufer heißt.  "Rennstrecke"? Nun, hier lernte ich vor 60 Jahren das Radfahren. Wie oft bin ich eigentlich bei meinen Versuchen auf diesem unbefestigten Weg schnurstracks in der Mosel gelandet? Ich habe die Nerven meines Großvaters und meines Onkels mit diesen Kapriolen schon sehr arg strapaziert.

 

Also wenn wir schon mal hier waren, dann konnten wir doch auch am Stadtarchive in der alten Burg vorbei, weiter bis zum "Deutschen Eck" laufen.
 

Kurz darauf standen wir zum ersten Mal vor der Reiterfigur Kaiser Wilhelms. Meine regelmäßigen Besuche in Koblenz waren seit dem Tod meiner Großeltern und meiner Patentante eingestellt worden. Damals war der Sockel als "Mahnmal" noch leer gelassen.
Von der Ferne, aus den Niederlanden, hatte ich die Diskussionen rund um das Wiederherstellen der Reiterfigur mitbekommen, die nun seit 1993 wieder ihren Platz auf dem Sockel eingenommen hat. 
Deutsche Geschichte, die am heutigen Tag für die Besucher durch Zelte und Bühne eines Weinfestes an diesem Wochenende in den Hintergrund getreten war.


Der Blick an der Spitze des künstlich aufgeschütteten "Deutschen Ecks" hinüber auf die "Festung Ehrenbreitstein" jedoch war "unverbaut" zu genießen. 

  

Durch die Gässchen der Altstadt und am "Erfinderbrunnen" entlang, ging es zurück Richtung Bahnhof. Der nächste Zug nach Köln oder Mönchengladbach, so beschlossen wir, würde der unsere werden.

 

Wir mussten uns gar nicht entscheiden. Der Zug fuhr über Köln direkt nach Mönchengladbach, wo brav unser Auto auf einem Parkplatz wartete.

Welch ein erlebnisreiches Wochenende mit vielen neuen Eindrücken lag hinter uns. Es wird eine kleine Zeit dauern, bis wir alles richtig sortiert haben. 

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