Amiens
Wer von meinem Wohnort das Ziel Normandie oder Bretagne ansteuert, der überquert kurz nachdem er ein Stückchen die A1 in Frankreich benutzt die Somme. Ein fast naturbelassener Fluss, der auch Amiens sich endlos verzweigend durchfließt.
Kurz vor Amiens erstreckt sich an seinen Ufern, besser gesagt im Fluss, ein ca. 300 Hektar großes Inselgebiet, das durch ein 65 km langes Netz von Kanälen durchzogen wird. Heute beherbergt es die "Schwimmenden Gärten", auch Hortillonnages genannt. Hier war früher der Gemüseanbau für die Region. Heute steht das Gebiet unter Naturschutz und die wenigen Flächen, auf denen heute noch Gemüse und Obst angebaut werden, kann man per Boot oder zu Fuß über Treidelpfade besichtigen.
In Amiens selbst steht das größte gotische Bauwerk Frankreichs mit dem höchsten Kirchenschiff der Welt.
Nicht genug der Sehenswürdigkeiten, hier gibt es auch mit dem Stadtteil Saint-Leu das kleine Venedig des Nordens.
Und für eine Person, die gerade mitten im Schreiben eines Romans steckt, ist Amiens interessant ja, inspirierend, weil sich hier das ehemalige Wohnhaus von Jules Verne befindet. Darin befindet sich heute ein Museum mit Erinnerungen an sein Leben ab 1871 in Amiens und an sein Schaffen. Zudem kann man den Parcours Jules Verne, der quer durch die Stadt und die Vororte führt, bewandern.
Somit stand für unsere Reise in die Normandie fest, unsere erste Etappe wird Amiens sein.
Ein Hotel wurde für 2 Nächte gebucht, das sich in der Nähe des Bahnhofs befand, fußläufig zum Dom und zu den "Schwimmenden Gärten", den Hortillonnages.
Nachdem wir uns eingerichtet hatten und der Wagen für die nächsten Tage im Parkhaus gut untergebracht stand, galt unser erster Besuch der Kathedrale "Notre-Dame de Amiens".
Staunend standen wir vor dem Bau und bewunderten seine Höhe, die sich, so eine Beschreibung in unserer kleinen Infobroschüre, in den Himmel erhebt.
Innen empfing uns das hohe, lichte Kirchenschiff mit seinen schlanken Säulen und den blauen, lang
gestreckten Glasfenstern.
Wir verbrachten viel mehr Zeit im Inneren als geplant. Ließen uns durch das Kirchenschiff und seine vielen Details treiben und erfassten langsam und mit Staunen das größte Kirchengebäude Frankreichs aus dem Mittelalter. Seine Außenlänge von 145 m und eine Höhe von 42,30 m, seinen zahlreichen Altären, die in den Seitenschiffen untergebracht sind, wollten betrachtet werden. Wir begriffen, dass in diese Kirche, laut unserer Broschüre, zweimal Notre-Dame de Paris gehen könnte.
Zudem regten sich unsere Mägen. Stimmt, wir hatten seit dem Frühstück nur etwas geknabbert. Es war Zeit, ein Restaurant zu suchen.
Völlig durchnässt fanden wir in einem kleinen Bistro einen letzten Platz. Hier hatten bereits zahlreiche andere Besucher Zuflucht gefunden. Nachdem wir per QR-Code die Speisekarte studiert hatten, genossen wir ein wirklich leckeres Essen. Wir hatten uns für die Spezialität Amiens entschieden:
La Ficelle de Picarde.
Der nächste Morgen empfing uns mit bleigrauem Himmel und Regen. Wir beschlossen uns erst ausgiebig dem Frühstück zu widmen und dann am nahen Bahnhof unseren Startpunkt für den "Cour de Jules Verne" zu legen. Wir vertrauten darauf, dass sich der Regen gnädig zeigen würde. Aber bereits bei unserem ersten Punkt: "Die Nautilus und der Krake Oktopus", sehnten wir uns nach einer etwas trockeneren Besichtiguing. Dieser permanente Regen durchzog unsere Kleidung.
Überbackene Eierpfannkuchen, etwas dicker als Crêpes, gefüllt mit Schinken und Champignons in einer Sauce Crème fraiche.
Die Kathedrale wird bei Dunkelheit mit einer Lichtinstallation in Szene gesetzt, also wählten wir den Rückweg zum Hotel wieder über den Vorplatz der Kirche. Aber der lästige und kalte Regen trieb uns schnell weiter.
Nach wenigen Schritten begrüßte uns dieses Kunstwerk an einer Hauswand. Es schien, als würde uns heute die Nautilus begleiten. Wir tauchten in die ersten Gässchen mit ihren kleinen, schrägen Häusern ein.
Die Gässchen sind urig, eng und werden von zahlreichen, kleinen Kanäle durchzogen. Überall liegen Boote fest vertäut. Die unmittelbare Nähe der Hortillonnage ist deutlich.
Hier wohnen viele Studenten und Künstler, die sich, bevor einige der Häuser endgültig abgerissen werden, noch schnell äußern.
Wer sich Mühe gab, der konnte ganz leicht die Geschichte des auf den Abbruch wartenden Hauses lesen.
In einem der kleinen Restaurants machten wir Pause und erblickten, wie vom Busfahrer vorhergesagt eine "blasse Sonne". Leider hatten wir in Erfahrung gebracht, dass im September die Ausflugsboote nur noch am Wochenende fahren. "Zudem, bei diesem Wetter, wer will sich das antun?"
Beim Betreten des Geländes wähnten wir uns noch in einem etwas naturbelassenen Stadtgarten.
Aber schon bald "verschluckte" uns das wilde Grün und eine Wasserwelt hielt uns am Staunen. Hier bewegte man sich auf uralten Treidelpfaden.
Dann öffnete der Himmel wieder seine Schleusen.
Wir beschlossen den letzten Abend zu genießen, aber am nächsten Morgen aus dem Regen zu fliehen. Die Küste erwartete uns mit Sonne, so zeigte es die Wetter-App an. Sollte doch der Mann im Wasser stehen bleiben. Wir wollten weiter.
"Würdest Du wiederkommen?", fragte mich der Mann an meiner Seite, als wir ins Auto stiegen. "Ja, es gibt noch vieles zu entdecken, aber dazu muss die Sonne scheinen."
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