Buchtipp: Ohne Flugzeug um die Welt


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Zeit, Euch mal wieder ein Buch vorzustellen.
Um es gleich vorweg zu nehmen, auf dieses Buch hatte ich mich unglaublich gefreut. Denn Reisen, neue Sachen erleben, den eigenen Horizont erweitern und sich auf Unbekanntes einzulassen, auch was das Fortbewegen betrifft, das ist genau mein Ding.

Hier verspricht schon der Titel, dass es für mich spannend wird:

OHNE FLUGZEUG UM DIE WELT
von Giulia Fontana und Lorenz Keyßer

erschienen bei Bastei-Lübbe-life, ISBN: 978-3-431-07003-3

KLIMABEWUSST UNTERWEGS UND GLÜCKLICH, so lautet der Untertitel des Buches und wie Ihr wisst, ist das bei meinen Reisen immer ein wichtiger Aspekt. Also gemütlich in die Sofaecke eingekuschelt und loslesen.


Das Buch startet mit einem Prolog, der den Leser mitten in die Geschichte wirft. Wie es scheint, aus der Erinnerung der Autorin Giulia Fontana, die sehr flüssig zur Geschichte und "wie alles begann" leitet. Schon ist man mitten drin.
Oder doch nicht?
Ich stocke etwas, denn im anschließenden ersten Kapitel weiß ich nicht so recht, wer da eigentlich erzählt. Ist es Giulia Fontana oder ist es Lorenz Keyßer, der zweite Autor?
Und genau das wird oft zum Problem, denn um dem Gleichheitsprinzip zweier Autoren gerecht zu werden, ist der Schreibstil der Geschichte auf die Reise-Helden gehalten, wie von oben betrachtet.

Zuerst jedoch werden wir nun aber, sehr fachlich, in die Klimakrise und das Reisen mit Flugzeugen eingeführt.
Das verwirrt! Mehr noch, es stoppt immer wieder den Fluss der Geschichte und es lässt notwendige Emotionen, die automatisch auf solch einer langen, ungewöhnlichen Reise entstehen, vermissen. Denn nun kommt schon wieder eine Infobox.

Man  unterbricht das Lesen, legt das Buch zur Seite und holt sich dann doch erst mal einen Kaffee. Zudem, immer dann, wenn der Leser gerne mehr über die Menschen erfahren möchte, die die Beiden während ihres nun wirklich nicht alltäglichen Reiseabenteuer treffen, verhindert nicht nur der gewählte Erzählstil genau das, nein man stolpert über eine weitere Infobox. Zusätzlich bricht unvermittelt die sich spannend aufbauende Geschichte abrupt ab. In nur zwei weiteren Sätzen wird die gerade begonnene Geschichte erledigt.

Besonders deutlich wird dieser Mangel an Empathie beim Bericht über die Hochzeit der gemeinsamen Freundin in Sydney, der ja schließlich der Auslöser dieser Reise war. Ist doch toll, das die sich freut.
... UND?
Die Zeit in Australien und die nur kurz angerissene Rückreise im Epilog lassen bei mir als Leser große Fragezeichen entstehen.
Ja, man hat sich auch in Australien für den Klimaschutz stark gemacht.
... UND?
 So war ich auch gar nicht glücklich, wie die Abhandlung über die Rückreise via Japan, O-Ton: "dem größten Kulturschock dieser Reise", und der Aufenthalt dort, dann in genau vier Sätzen behandelt wurde.
... UND?
Es reicht mir auch nicht, über die lange Rückreise mit dem Zug durch Russland von Wladiwostok bis Moskau zu vermerken: O-TON: " und wieder trafen wir wundervolle Menschen." 
... UND?

Während des gesamten Lesens habe ich mich immer wieder gefragt, wer von den Beiden wollte denn da nicht deutlicher werden? Wem wurden die Emotionen, die sich aufbauten, peinlich? Oder waren es Freunde, Fachleute und Lektoren, die die Beiden während des Schreibens begleiteten, die diese ungewohnten Ausflüge in einem sehr informativen Sachbuch unterbanden?

Denn auch das ist dieses Buch. Ein sehr informatives Sachbuch zur Klimasituation.
Genau darin ist es gut. Mit ordentlich unterbauten Fakten, Infoboxen und Quellennachweisen.
Hier merkt man, dass beide Autoren vom Fach sind. Beide studierten zum Zeitpunkt der Reise noch Umweltnaturwissenschaften.
Sie haben sich 2018 / 2019 sehr bewusst und konsequent entschieden, so zu reisen. Es war absolut keine Laune der Beiden, schon gar keine "Mutprobe". Sie haben diese Reise so angetreten, weil sie sich vorab mit den Konsequenzen einer Flugreise auseinander gesetzt haben.


Mein Fazit:
Es ist gewiss ein Reiseabenteuer der ganz besonderen Art, über das sich zu schreiben lohnt!
KLIMABEWUSST UNTERWEGS zu sein, macht aber nur dann GLÜCKLICH, wenn man sich die gut präsentierten Klimafakten aus dem Buch für SEINE Reisen zu eigen macht und dann SEINEN ganz eigenen, bewussten Reisestil findet.

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