Wie alles begann: Heimkehr


Der Untertitel auf meinem Umschlag des Kochbuches lautet:
Die Geschichte Loreleys, einer modernen Frau.

Denn Loreley ist für mich eine moderne Frau und genau wie jedes Phantasiewesen ändert sie sich mit uns und unserer Zeit. 
So malte sie Carl-Josef Begas in den opulenten Gewändern seiner Zeit. Die Bildhauerin Natascha Alexandrova Prinzessin Jusopoy jedoch gestaltete ihre Skulptur für die Landzunge im Rhein bei St. Goarshausen im Jahr 1983 nackt. Ich hingegen lasse sie in den 12 Kapiteln meiner Loreleygeschichte als Wasserelfe am Gründelbach erscheinen und als moderne Frau durch die Straßen St. Goars und St. Goarshausen in der Kleidung des Jahres 2021 wandeln.
Um Euch mit meiner Loreley vertraut zu machen, lasse ich Euch einen Blick auf den Anfang meiner Loreleygeschichte, die immer zwischen den einzelnen Dinnern weiter erzählt wird, werfen.


Es war dieses Geräusch, dieses ihr unbekannte, zischend-sirrende Geräusch, das sie weckte.
Loreley schlug langsam die Augen auf und versuchte sich zu orientieren. Wo war sie?
Dieser Platz war ihr unbekannt und doch gleichzeitig vertraut.  Aber, das spürte sie jetzt auch, ihr Herz war endlich wieder angekommen. Viel hatte sich in ihrer Abwesenheit verändert. Zu lange war sie fort gewesen.
Sie hatte sich von ihren Gefühlen leiten lassen, als sie gestern den Fluss hinunter geschwommen war. Plötzlich hatte sie diesen traumhaften Fleck gesehen und ihr Herz hatte ihn sofort wiedererkannt. Der Bogen im Flusslauf, es wurde hier ganz schmal, mit Wasserschnellen, schroffen, steilen Felsen zu beiden Seiten und dann, mitten in der Enge, rechts ein wirklich majestätischer Schieferfelsen, der blauschwarz und geheimnisvoll in der Abendsonne funkelte. Ein glänzendes Versprechen, so wie sie es kannte.
Hier, so fühlte sie, konnte sie endlich wieder fröhlich werden. Hier, so war sie sicher, würde sie ihr altes und doch ganz neues Zuhause finden. 
Sirrrr ….. Wieder dieses Geräusch.
Vorsichtig schob sie die beiden Eisschollen über ihrem Wasserlager zur Seite und versuchte einen Blick auf die Geschehnisse auf der Wasseroberfläche zu erhaschen. Eine sanfte Welle schlug ihr in die Augen und trübte ganz kurz ihren Blick. Mehr ahnte sie, als dass sie es wirklich sah, das Boot des Fischers.
Schon wieder, dachte sie, schon wieder diese Fischer.
Sie waren der Grund gewesen, weshalb sie weggehen musste. Die Fischer hatten behauptet, sie sei an all den Unglücken und an all dem Elend in den von Vätern verwaisten Familien Schuld. Man hatte sie zur Hexe abgestempelt und gebrandmarkt. Wäre sie nicht geflohen und hätte ihre Familie verlassen, sie und ihre Nächsten wären so lange gejagt worden, bis man sie zur Strecke gebracht hätte.
Seitdem hatte sie einsam ihre Tage am Oberlauf des Rheins, im scheinbar ewigen Eis, verbracht. Wie lange war sie fort gewesen? Sie wusste es nicht zu sagen. Lebte ihr Vater, ihre Mutter noch? Was war aus den beiden Schwestern geworden? So viele Fragen, die wieder in ihr aufstiegen. Sie wollte endlich Gewissheit haben. Deshalb hatte sie vor einiger Zeit beschlossen, sich auf den langen Weg zu machen und endlich wieder zurück zu kehren.
Ihre Augen waren wieder klar und so richtete sie ihren Blick auf das Boot, das sich dunkel auf der Wasseroberfläche manifestierte. Kurz blitzte etwas Metallisches am Rumpf des Bootes auf und senkte sich dann tief ins Wasser hinein. Dazu hörte sie wieder dieses Geräusch.
Wie Schuppen fiel es Ihr von den Augen. Es war ein Fischer, der da im Boot saß, aber er fischte nicht mit Netzen, er benutzte eine Angel.
Wieso, so fragte sie sich, machte er sich solche mühsamen Umstände? Er musste doch nur das Netz auswerfen, wieder hinaufziehen und schon fasste sein Boot den Reichtum an Fischen im Netz nicht. War er dabei nicht geschickt genug, so würde er zu den Stromschnellen an den Felsen treiben und kentern. Zu oft hatte sie das gesehen und war immer wieder zur Hilfe geeilt. Es war doch ihre Aufgabe, Menschen zu retten!
Dieses Mal aber würde sie genau das nicht tun. Sie wollte nicht wieder und wieder für schuldig befunden werden an dem Unglück der Männer. Ihnen hatte sie es zu verdanken, dass die von ihr Geretteten sie als Entschuldigung für ihr eigenes Unvermögen benutzten, sich ablenken zu lassen und ihre Boote nicht richtig zu steuern. Und um diese Geschichten glaubhafter zu machen, hatten sie ihr, zwar sehr schmeichelhaft, aber dennoch, eine verblendende Ausstrahlung angedichtet. Sie war doch noch ein Kind gewesen, nicht älter damals als gerade mal hundert Jahre.
Loreley beschloss zu warten und einfach zu sehen, was dieser Fischer machte. Das war ungefährlich. Wenn er fort war, konnte sie aus ihrem Versteck unter den Eisschollen hervorkommen und sich auf die Suche nach ihrer Familie begeben.
In diesem Augenblick hörte sie erneut das sirrende Geräusch, dieses Mal allerdings direkt über ihrem Kopf und anschließend verspürte sie einen Pikser. Irgendetwas – NEIN – der Angelhaken, war in ihren  Arm eingedrungen. Sie wusste, sie musste jetzt ganz vorsichtig den Haken lösen. Sich nicht zu sehr dabei bewegen.
Aber gerade als sie mit ihrer freien Hand in Richtung des Hakens langen wollte, zog er die Schnur an. Das war schlicht und einfach unglaublich dumm für sie. Zudem machte sie eine kleine Bewegung in ihrer Überraschung. Der Fischer musste das bemerkt haben, denn er ließ die Leine etwas los, um sie sofort wieder anzuziehen.
Loreley wusste, irgendwie musste sie die Schnur durchtrennen, dann tief hinunter tauchen und warten bis der Fischer verschwunden war.
Es zog nun sehr stark an ihrem Arm, viel zu stark für die Kraft eines einzelnen Mannes.
Loreley schaute sich im Wasser um. Sie sah keinen kleinen scharfen Stein, den sie wie ein Messer hätte einsetzen können. Sie sah nur den Zander, der rechts unter ihr schwebte und sie sehr genau mit einer gewissen Erleichterung beobachtete. Es war klar, eigentlich war er der Fang, den der Fischer erwartete.
Sie rief den Zander zu sich, bat ihn die Schnur mit seinen scharfen Zähnen zu durchtrennen. Stattdessen tauchte er einfach weg und tat, als würde er sie nicht gehört haben. Natürlich hätte sie nun ihre Macht einsetzen können, sie war eine Wasserelfe, aber das wäre über die nächsten 20 km weit zu hören gewesen. Sie musste sich irgendwie selbst befreien.
Wieder ein Rucken an der Schnur, wieder diese Kraft dabei, die ganz sicher nicht von einem einzelnen Menschen stammen konnte. Würde sie sich nun dagegen stemmen, wären der Fischer und sein Boot in Gefahr. Genau das, was sie nicht wollte. Aber noch immer kein scharfkantiger Stein in Ihrer Nähe.
Loreley holte tief Atem. Sie wusste, es gab nur einen Ausweg. In den letzten Jahren hatte sie einige Male diesen Trick anwenden müssen, um Gefahr für sich abzuwenden. Sie hatte nun einige Übung darin und konnte sich in wenigen Sekunden in einen Menschen, in eine Frau verwandeln. Zwar nackt, mit ab und zu schimmernder Haut, aber das musste sie nun in Kauf  nehmen. Besser als den Fischer im Fluss verunglücken oder gar ertrinken zu lassen......


wenn Ihr wissen wollt wie es weiter geht, nun, dann solltet Ihr Euch mein Kochbuch kaufen und den Spuren meiner Loreley folgen. Herausfinden ob sie ihre Familie wiederfindet, aber zuerst werdet Ihr erfahren, ob sie den Trick anwendet und sich zur menschlichen Frau wandelt. 

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