Tag der Erkenntnis


Ich wachte vom Gezwitscher der Vögel vor dem Fenster auf.
Als ich mich im Bett aufrichtete, überfiel mich der Muskelkater. Gleich unterhalb meiner Achseln fingt es an zu ziehen und zu drücken.
Wo bitte waren meine Beine, meine Füße?
Ich hoffte auf die wunderbare Wirkung der Dusche und wurde bitter enttäuscht. Der Schmerz im ganzen Körper blieb und ich hoffte inständig, dass er mich hoffentlich im Laufe des Tages langsam verlassen würde.
Der Mann an meiner Seite meldete sich unter der Decke hervor, und teilte mit, dass er sich nicht bewegen könne. Er brauchte lange bis er sich dazu entschloss, das Bett zu verlassen.

Nein, heute war kein Wandertag!


Statt dessen diskutierten wir immer eifriger, lösten damit das fest verschnürte Emotionspaket der letzten 7 Jahre. Jahre, die unsere Selbstverständlichkeit verändert hatten und uns unsere Endlichkeit sehr bewusst werden ließ.
Die so unvermittelt hereinbrechende Krankheit des Mannes an meiner Seite. Die vielen Wochen am Abgrund und die intensive Pflege meiner an Alzheimer erkrankten Mutter. Im vergangenen Jahr (2007) ihr für Alle erlösender und doch so schmerzvoller Tod. All das hatte unser Leben einschneidend geprägt.

Wir putzen unsere Seelen und stellen am Ende des Tages fest, wir waren uns selbst begegnet. Wir hatten heute einen anderen, notwendigen Weg gegangen, den der inneren Orientierung. Das war gut so, denn nun hatten wir keinen Bedarf mehr, diesen Ballast, diese Ängste und dieses „eingehaltene Leben“ weiter fort zu setzten.

Und so waren die 6,3 km von Beesel bis Swalmen eigentlich eine Strecke von 7 Jahren. 


Ich entschloss mich, am nächsten Tag weiter zu laufen. Mir diesen Weg nun erst recht zu gönnen.
Der Mann an meiner Seite wollte auch weiter, er wollte es erleben. Nur bitte langsamer, versprach er sich selbst. Wir werden irgendwann ankommen. 
Der Weg ist bereits das Ziel. Jeden Tag NEU.

Selten hatte mir später ein ganz einfaches Abendessen, ein "Bunter Gemüseeintopf" so unglaublich gut geschmeckt.

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