Kartoffelsalat


Für einen richtig guten Kartoffelsalat lasse ich so einiges stehen.
Nein, für mich ist ein Kartoffelsalat absolut kein Essen zu Heiligabend, auch keine Sache die man sich aus der Dose von einer "In-Marke" genehmigt.
Nein, für mich ist Kartoffelsalat hausgemacht und der pure Genuss!

Wie das kommt?
Nun, da muss ich ein Stück in der Zeit zurück gehen. Ich war damals noch ein Kind und meine Großmutter mütterlicherseits war ein Koch-Genie. Nicht, dass sie diesen Beruf gelernt hätte. Aber sie hörte dem Wind und dem Regen zu, ließ sich von den zugetragenen Gerüchen inspirieren und wusste die Stellen im Wald, an denen die besten Pilze, Beeren und Kräuter wuchsen. Sie ließ sich Zeit beim Kochen, sehr viel Zeit.
Ihr Messer teilte zielsicher alles, aber es hackte nie hektisch durch die Zutaten. Sie roch statt dessen welcher Duft vom Messer aufstieg und mischte dann Kräuter und Zutaten nach dem Grad der Reife jedes Produktes hinzu.

Und genauso war ihr Kartoffelsalat.
Waren die Kartoffeln jung, so wurden sie für den Kartoffelsalat etwas länger gekocht, sie verwendete weniger Eier, frische, selbstgemachte Mayonnaise und mehr frische Kräuter. Dieser Kartoffelsalat war immer kalt. Immer einen Tag zuvor zubereitet, damit er gut durchziehen kann.
Waren die Kartoffeln älter, also aus dem Vorrat im Keller, dann war der Kartoffelsalat warm, mit einer leichten Brühe angesetzt und etwas Öl.

Was sie aber niemals hinzu gab, das war Dill. Oder wie sie es nannte, eine Schande an den Kartoffeln.
Welche Art Kartoffelsalat sie auch immer herstellte, er war eine einzige sinnliche Erfahrung. Schlicht eine Ode an den Gaumen.

 

Irgendwann übernahm meine Mutter die Kunst der Herstellung des Kartoffelsalats. War er besser? Ich weiß es nicht zu sagen, er war einfach nur köstlich und passte sich in seiner Zusammensetzung wieder nahtlos der Jahreszeit an.
Heute bereite ich ihn zu und bleibe dem Rezept der Familie treu:
Passend zu dem, was die Kartoffel erzählt, werden die Zutaten variierend in der Menge ausgewählt. Immer mit selbstgemachter Mayonnaise und NIE mit Dill.

Zutaten für den Kartoffelsalat im Sommer:
4 große Kartoffeln
2 Frühlingszwiebeln
3 hartgekochte Eier
1 kleine rote Chili
2 Gewürzgurken (schlesisch eingelegt)
3 EL des Gurkenwassers
3 Stangen vom Stangenselleries (Innenstangen mit Grün)
1 mittelgroßer Boskop
Meersalz, fein
Pfeffer (bunt, aus der Mühle)
selbstgemachte Mayonnaise
einige Stangen Schnittlauch
1 kleiner Bund frische Petersilie (glattes Blatt)

Zutaten für die Mayonnaise:
1 Ei
100 ml Sonnenblumenöl
2 TL Senf
Meersalz, fein
schwarzer Pfeffer (gemahlen)
1 TL Zitronensaft (frisch gepresst)
125 ml Naturjoghurt


Kartoffeln gut abspülen und mit der Schale weich kochen. Vollständig auskühlen lassen und dann pellen. Die hartgekochten Eier pellen. Apfel schälen und vom Kerngehäuse befreien. Kartoffeln, Eier und Apfel in Würfel schneiden und in eine große Schüssel geben. Frühlingszwiebeln und Stangensellerie putzen, in feine Ringe schneiden, hinzugeben. Chili von den Kernen befreien und sehr fein schneiden. Ebenfalls dazu. Gewürzgurken fein würfeln, zusammen mit dem Gurkenwasser über die Masse in der Schüssel geben. Schnittlauch waschen, trocknen, fein schneiden, über den Salat streuen.
Nun die Mayonnaise herstellen:
In einem hohen Gefäß Öl, Ei, Senf, Salz und Pfeffer mit einem Stabmixer aufschlagen, bis sich eine weiße Creme bildet. Sollte sie zu dünnflüssig sein, etwas Öl hinzugeben und nochmals aufschlagen. Nach Geschmack Zitronensaft hinzugeben, kurz stehen lassen und erst dann den Joghurt löffelweise unterheben.
Esslöffelweise die Mayonnaise zum Kartoffelsalat hinzugeben und sanft unterheben. Dabei nur so viel, wie die Masse aufnehmen kann. Mit Salz und Pfeffer abschmecken.
Restliche Mayonnaise in einem Schraubglas im Kühlschrank aufheben.

 

Damit der Kartoffelsalat gut durchzieht, ihn abgedeckt über Nacht kühl stellen.
Ca. 30 Minuten vor dem Verzehr nochmals durchrühren, eventuell noch etwas Mayonnaise, Salz und Pfeffer hinzugeben und in kleine Schüsseln umfüllen. Petersilie waschen und grob hacken. Mit Petersilie dekorieren.

 

Spätestens jetzt erscheint meine Familie wie aufs Zauberwort auf der Bildfläche.
Bei uns reichen einige heiße Würstchen durchaus zum Festschmaus aus.


Spätestens seit letztem Herbst fängt jetzt immer einer von uns laut an zu lachen. Garantiert erinnert sich diese Person an die wundervolle Szene aus dem Film "Florence Foster Jenkins" als das Hausmädchen der Familie im Badezimmer aus einer riesigen Badewanne Kartoffelsalat in gold verzierte große Schüsseln umfüllt. Die feine Gesellschaft im großen Speisesaal aß nach Meinung von Florence: "Unmengen von Kartoffelsalat wie die Scheunendrescher".

Ja, Kartoffelsalat ist eine Köstlichkeit, auf deren Bereitung man sich verstehen sollte!
Ganz im Gegensatz zu jenem "Salat", den ich vor einiger Zeit in einem hochgeschätzten Restaurant in Berlin genießen durfte. Er stieß mir sauer und sehr unangenehm während der gesamten Heimfahrt auf.

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